Rundgang im Inneren der Kapelle

II. Rundgang in der Disibodenberger Kapelle in Bad Sobernheim

1. Keller: Das Gewölbe (ca. 4 m Scheitelhöhe) wurde nach der Profanierung 1566 eingebaut. Es wird durch den Kellerhals vor der Westfassade erschlossen, der aus dem Abbruchmaterial der beiden nordwestlichen Strebepfeiler besteht. Beim Bau wurde der Boden auf die Höhe der Fundamentsohle gesenkt und das Gewölbe ins Erdgeschoss eingespannt, sodass heute dessen Sockelzone von Gewölbezwickeln verdeckt ist. Auf der Gewölbedecke ist unter den Fensterbänken ein Hochparterre entstanden, das auf die Fenster- und Gewölbezone reduziert ist. Daher ist auch die Kapelle durch keinen originalen Eingang mehr zu betreten (vgl. II.2).

a) Langhaus: Rechts neben der Treppe ist die Eck-Quaderung des Portals zu sehen.

 

 

 

 

 

b) Chor: Am aa)Chorbogen ist die Absenkung des Fußbodenniveaus besonders gut zu erkennen. Das frühere Fußbodenniveau war dort, wo die Quaderung beginnt. Die bb) Abbruchkante der Bodenfliesen in der Ostwand zeigt das alte Erdgeschossniveau an. In der Südostwand befindet sich eine cc) Piscina mit Fratzenkonsole in Form eines spitzohrigen Dämons. Sie steht für den in der gotischen Baukunst oft aufgegriffenen Gedanken, dass auch das Böse im Dienste des Guten steht (daher Konsole). Neben der Piscina, die ritueller Reinigung diente, befand sich wahrscheinlich die Sitznische für Priester, Diakon und Subdiakon. Der mit einem Zinnenfries verzierte obere Abschluss dieser Sitznische ist eine Etage höher, knapp über dem heutigen Fußbodenniveau, erhalten (vgl. II.2.e). dd) Einbauten der Zeit des 2. Weltkriegs: Dokumentenbunker Das konische Gebilde ist ein Dokumenten-Bunker, der im 2. Weltkrieg eingebaut wurde, als der Keller Luftschutzraum war. Aus der gleichen Zeit stammt der Herd, der aus den gleichen Backsteinen gemauert wurde, wie der Splitterschutz, der durch das Fenster auf der Südostwand des Chores zu sehen ist. Er wurde gebaut, um den Ein- und Ausstieg zu decken. Das Fenster über dem Herd ist in ein teilw. vermauertes, spätgotisches Portal eingebaut, das nur noch von außen sichtbar ist (I.4).

2. Hochparterre: a) Die kleine Segmentbogentür erschließt das "Hoch-Parterre", das durch Einbau des Kellers entstanden ist. Der Aufgang zur Tür und der Kellerhals bestehen aus dem Abbruchmaterial der nordwestlichen Strebepfeiler. Die Wandgliederung aus Sockel-, Fenster- und Gewölbezone ist durch den Kellereinbau und die Holzdecken entstellt (vgl. II.1).

b) Abbruchspuren der Stein-Empore, die verworfen wurde, als nach Änderung des Planes das Langhaus mit niedrigeren Mauern zur Ausführung kam.

c) Fenster: Fischblasenmaßwerk, Flamboyant-Stil der späten Gotik.Maßwerk/Maatwerk(= Netzwerk) meint die durchbrochenen Ornamente an gotischen Fenstern. Maßwerk gliedert sich in Stabwerk, das die Fenster in vertikale Bahnen teilt, und in Pässe (Couronnement), die aus der Kreisform entwickelt, die Bahnen oben abschließen und das Bogenfeld der Fenster ausfüllen. Jedes Fenster zeigt andere Schmuckformen aus Schneußen und Pässen, die an Fischblasen oder Flammen erinnern, was die Bezeichnung Fischblasen- oder Flamboyantstil erklärt. Ihre komplexen und schönen Formen spiegeln die wunderbare Vielfalt der Schöpfung.

d) Hölzerne Stützen der Zwischendecken. 1566 wurde die Kapelle zum Lagerhaus profaniert. Außer dem Keller wurden Holzdecken eingezogen, um Laderaum zu schaffen. Die Fasen an deren Stützen enden in Voluten, die mit denen des Fenstergewändes an der Sakristei (vgl. I.3) verwandt sind. Stil und Konstruktionsmerkmale zeichnen die Stützen als seltene und wertvolle Zeugnisse der Zimmermannskunst des 16. Jhs. aus. Für ihre Qualität spricht, dass sie in 450 Jahren auch großer Belastung standhielten und bis heute nicht durchhängen.

e) Ein Zinnenfries, der sich an der Südwand des Chores, knapp über dem Fußbodenniveau befindet, ist wahrscheinlich der obere Abschluss einer Sitznische für Geistliche (vgl. II.1.b.cc).

3. Erstes Stockwerk: a) Der Dachstuhl besteht aus Eichenholz und ist von Weichholzdübeln zusammengehalten. Der Teil über dem Chor stammt nach dendro-chronologischen Untersuchungen von ca. 1455; der über dem Langhaus von ca. 1493. Er ist als Technikdenkmal des Zimmermannshandwerks von landesweiter Bedeutung. Die Bogenform der Streben wird dadurch bedingt, dass Bretter für ein spitzbogiges Holzgewölbe daran genagelt werden sollten, als nach einer Planänderung kein Steingewölbe über dem Langhaus ausgeführt wurde. Wie das Fehlen von Nagellöchern beweist, wurde aber auch das Holzgewölbe niemals ausgeführt.

b) Das Chorgewölbe setzt unmittelbar unterhalb der jetzigen Holzdecke an und wird von fein profilierten Trichterkonsolen abgefangen. Im Gegensatz zur Kirche in Abtweiler und zur Malteserkapelle geht das Gewölbe nicht in Säulen(sog. Dienste) sondern in Konsolen über, was für Zisterzienserkirchen typisch ist. Allerdings ist zur Entstehungszeit der Disibodenberger Kapelle ein solches schwebendes Gewölbe bereits auch außerhalb des Zisterzienserordens üblich, da die Zisterzienserbaukunst maßgeblich die deutsche Reduktions-Gotik bestimmte (vgl I.1).

aa) Das Chorgewölbe gliedert sich in das Vorchor-Joch mit 2 Diagonalrippen und in den 5/8-Schluss, der aus 5 Seiten eines imaginären Achtecks gebildet ist. Ein Schlussstein zeigt das Wappen des Antilmann von Scharfenstein, gen. Graseweg, des 1388 verstorbenen kurmainzischen Amtmanns auf Schloss Böckelheim. Aus seinem Vermögen stiftete seine Witwe Katharina von Homburg die Kapelle. Die Wittelsbacher Rauten (Wecken) wurden 1566 eingekratzt.

bb) An den Maßwerkfenstern (vgl. II.2.c) finden sich unschöne Balkenlöcher, die möglicherweise zur Verbarrikadierung dienten. Die Pässe im spätgotischen Fischblasen- oder Flamboyant-Stil zeigen schöne geometrische Muster, die aus dem Zirkelschlag entwickelt sind.

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